Martin Candinas ist Nationalrat, Bündner und Botschafter für natürliches Mineralwasser. Die Quellen und Abfüllanlagen der Mineralwasserproduzenten sieht er sich deshalb gerne vor Ort an. Hier ist Candinas zu Gast im Betrieb von Henniez. Bepackt und ausgerüstet geht es morgens gleich nach draussen.
Candinas ist ein Bergler. Als Bündner denkt er beim Stichwort Mineralwasser zuerst instinktiv an schroffe Felsen und eiskaltes Wasser aus den Alpen. Doch auch die sanften Hügel um Henniez bergen Mineralwasserquellen. «Es ist faszinierend, wie vielfältig diese ländlichen Orte sind, die man eigentlich nur wegen des Mineralwassers kennt», so Candinas.
Henniez ist ein 350-Seelendorf im Kanton Waadt. Viele Landwirtschaftsbetriebe befinden sich im Umkreis der Quellen. Das bringt auch ein Risiko mit sich: Dünger und Pestizide könnten durch die Gesteinsschichten ins Grundwasser gelangen. In der Schweiz schreibt der Grundwasserschutz deshalb bestimmte Schutzzonen vor, in denen das Düngen mit Gülle streng reguliert ist.
In Henniez ist man noch einen Schritt weiter gegangen: Seit einigen Jahren gibt es hier das Quellenschutzprogramm ECO-Broye. «Wir wollen die heutige, hohe Qualität unseres Mineralwassers auch langfristig sichern», erklärt Umwelt-Ingenieur Francesco Davila. Er ist in Henniez zuständig für den Schutz der Wasserressourcen.
Die Quellen und der Abfüllbetrieb in Henniez gehören Nestlé Waters Schweiz. Das Unternehmen hat auch mit den Bauern der an die Schutzzone angrenzenden Gebiete einen Vertrag abgeschlossen: Damit das Quellwasser langfristig rein bleibt, dürfen die Bauern keine Pestizide verwenden und nur wenig düngen. Olivier Mayor ist einer dieser Landwirte. Er zeigt Candinas jenes Kerngebiet, welches sich direkt über dem Quellgebiet befindet.
Haben die Bauern wegen dieser Düngervorgaben weniger Ertrag, wird das von Nestlé Waters finanziell kompensiert. «Zuerst war ich sehr skeptisch», sagt Mayor, aber mittlerweile seien er und die anderen Landwirte vom Nutzen dieser Vereinbarung überzeugt.
In der Nähe einer Quelle zeigt Davila auf die Stelle, an der zwei Gesteinsschichten aufeinander treffen: «Eine Schicht ist sehr porös und wasserdurchlässig, die andere gar nicht.» Das Wasser kann also nur in eine Richtung fliessen, bis es zur Quelle gelangt.
Candinas steht im Innern der Quelle. Hinter Glasscheiben plätschert das Mineralwasser aus dem Gestein heraus. Erstaunt ruft er aus: «Ist das alles? Das tröpfelt ja bloss!»
Wasser-Manager Davila relativiert: «In dieser Quelle pumpen wir unser Wasser nicht ab, sondern lassen es mit Hilfe der Schwerkraft über lange, gelöcherte Röhren abfliessen.» Deshalb fliesse mal mehr und mal weniger Wasser. Man könne sich das wie einen löchrigen Strohhalm vorstellen, der in einem vollgesogenen Schwamm steckt. «Wir haben ausserdem mehrere solcher Quellen, die alle am selben Wasservorkommen hängen.»
Zurück bei der Abfüllanlage steht ein Besuch der benachbarten Biogasanlage auf dem Programm. Die Gülle von über 25 Bauern aus der Region sowie Kaffeesatz werden hier zuerst gelagert und dann zu Biogas und natürlichem Dünger verarbeitet. Aus dem Gas werden pro Jahr 8,5 Gigawattstunden Strom und Wärme produziert, was in etwa dem Bedarf von 800 Haushalten entspricht.
Kaffeesatz? Richtig. Diese gebrauchten Nespresso-Kapseln werden erst mit der Restwärme der Biogasanlage getrocknet. Anschliessend kommt die nahegelegene Recycling-Fabrik in Moudon zum Zug, wo Aluminium und Kaffeesatz fachgerecht getrennt werden. Der Satz wird schliesslich zurück ins Kraftwerk gebracht und der Gülle zugegeben. Nebst dem Biogas generiert die Produktion ausserdem einen hochwertigen Biodünger, welcher den teilnehmenden Landwirten wieder abgegeben wird.
«Das blubbert ja richtig!», bemerkt Candinas nach dem Blick in den Gülletank. Rund dreissig Tage lang gärt die natürliche Brühe vor sich hin.
Die Biogasanlage wird von der Firma Groupe E Greenwatt betrieben, welche sich für erneuerbare Energien in der Schweiz einsetzt. Das Unternehmen arbeitet eng mit dem Abfüllbetrieb in Henniez zusammen. Ein Grossteil der dort benötigten Energie stammt bereits heute aus der Biogasanlage nebenan. Nestlé-Waters-Chef Alessandro Rigoni sagt stolz: «60 Prozent der benötigten Wärme beziehen wir bereits vom Kraftwerk – Tendenz steigend.»
Candinas’ Fazit: «Ich staune, auf wie vielen Ebenen dieses Projekt funktioniert und wie viele Parteien da eingebunden sind. Sogar die Kaffeekapseln spielen noch in den Kreislauf mit rein. Irgendwie hat man es tatsächlich geschafft, alle Akteure zufrieden zu stellen. Das ist schon beeindruckend.»
Sein Mineralwasser trinkt Candinas übrigens am liebsten ohne Kohlensäure. «Das fühlt sich irgendwie natürlicher an und bekommt mir besser.» Ja dann Prost!
In der Schweiz gelten für alle Mineralwasserquellen Regeln, um diese vor Verschmutzung zu schützen. Gebiete rund um die Quelle gelten als Schutzzonen. Hier dürfen zum Beispiel keine Gülle oder Abwässer versickern. Alle Unternehmen, welche in der Schweiz Mineralwasser abfüllen, müssen sich an diese Vorgaben halten.
Auch die Gegend um Henniez ist stark landwirtschaftlich geprägt, weshalb ein aktiver Quellenschutz umso wichtiger ist. 120 Hektaren gehören hier zur Schutzzone, in der sich die Quellen befinden. Das Gebiet gehört teilweise Nestlé Waters Schweiz, welche das Mineralwasser in der nahegelegenen Anlage abfüllt. Damit die Qualität des Mineralwassers nachhaltig erhalten bleibt, wurde in Henniez das Projekt «ECO-Broye» ins Leben gerufen.
Wir möchten uns zusammen mit unseren Partnern engagieren, damit am Ende alle profitieren.
Alessandro Rigoni, Business Executive Officer Nestlé Waters Schweiz
Dazu gehören eine erweiterte Schutzzone von 2400 Hektaren rund um das Quellgebiet, eine Biogasanlage und die Kooperation mit den Landwirten und Gemeinden der Region. «Alle diese Akteure an einen Tisch zu bringen, war sicher die grösste Herausforderung», sagt Alessandro Rigoni, Chef von Nestlé Waters Schweiz. «Wir möchten uns zusammen mit unseren Partnern engagieren, damit am Ende alle profitieren.» Die Bauern bekommen zum Beispiel finanzielle Entschädigungen, wenn sie ganz auf Pestizide verzichten. Im Kerngebiet der Schutzzone wird ausserdem mit ökologischen Anbaumethoden und alten Getreide- und Obstsorten experimentiert. Dieses Wissen soll den Landwirten später helfen, nicht nur ökologisch, sondern auch ertragsreich zu produzieren.